Hannawald, Sven - Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben

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08 Okt. 2013 18:39 #1 von goat
Autor: Hannawald, Sven
Titel: Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben
Originaltitel: -
Verlag: ZS Verlag Zabert Sandmann GmbH
Erschienen: 5. September 2013
ISBN-13: 978-3898833875
Seiten: 200
Einband: Gebundene Ausgabe
Serie: -
Preis: 19,95 €

Autorenporträt:

Sven Hannawald wurde 1974 in Erlabrunn/Erzgebirge geboren. Als 12-Jähriger wechselte er auf die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) in Klingenthal, wurde DDR-Schülermeister und zog nach der Wende (mit 15 Jahren) nach Hinterzarten in den Schwarzwald. Im Jahr 2000 wurde er Skiflug-Weltmeister und 2001/02 zur Legende, als er die Vierschanzentournee mit Siegen in allen vier Wettbewerben gewann, was vor ihm und bis heute keiner mehr geschafft hat. Hannawald gewann insgesamt 18 Weltcup-Springen und wurde 2002 Olympiasieger. Im Jahr 2004 beendete er seine Karriere. Aktuell ist der 38-Jährige Autorennfahrer. »Der Motorsport gibt mir meine Adrenalinkicks von früher, die ich nach wie vor brauche.«


Quelle: Verlagsseite

Inhaltsangabe:

In den letzten Jahren haben Sportler wie Sebastian Deissler den immensen Erfolgsdruck im Leistungssport zum Thema gemacht, und in einer großen Öffentlichkeit wurde nach dem tragischen Tod von Robert Enke bewusst, dass auch Sportler unter Depressionen und Burn-out leiden. Sven Hannawald, der 2001/02 als bisher einziger Skispringer alle vier Wettkämpfe der Vierschanzentournee gewann, war ein Ausnahmetalent, aber auch er konnte dem Druck nicht standhalten. Er, der in der DDR aufgewachsen war und immerzu gefordert wie gefördert wurde, musste seine Karriere aufgeben, nachdem sich Symptome einer Burn-out-Erkrankung zeigten. Wie kam es dazu? Wie ist Sven Hannawald zu dem Erfolgssportler geworden, der er war? Was macht Skispringen so unglaublich fordernd?

In seiner Autobiografie liefert Sven Hannawald spannende Hintergründe aus dem Innenleben eines Athleten, der sich den gnadenlosen Mechanismen seiner Sportart auslieferte, um erfolgreich zu sein: Wie ihn der Kampf um immer noch weniger Körpergewicht fast in die Magersucht, Erfolgsdruck und Zukunftsängste ihn in die Einsamkeit treiben. Und wie er sich und seine Balance schließlich findet – und seinen Weg zurück ins Leben.


Quelle: Verlagsseite

Meine Meinung:

Die 216-seitige Biografie von Sven Hannawald entstand in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Ulrich Pramann. Das Buch besticht durch eine sehr hochwertige Aufmachung in Form von Hochglanzseiten, die sowohl viele sehr private Fotos als auch Schilderungen von Personen, die Sven Hannawald nahe stehen, enthalten.

Was speziell diese Biografie angeht, bin ich weder ein Fan von Sven Hannawald noch ein Fan des Skisports allgemein. Vielmehr hat mich in diesem Fall das Interesse an seiner Burn-Out-Krankheit dazu bewogen, dieses Buch zur Hand zu nehmen und zu erfahren, wie ein Mensch meines Alters, der noch dazu so im Rampenlicht steht, mit dieser Krankheit umgeht. Im Vorwort schreibt Hannawald, dass er bereits im Jahr 2001/2002 Buchangebote erhalten hat, die er jedoch ablehnte, weil ihm der Stoff zu dünn erschien. Erst nach seiner Erkrankung und deren erfolgreichen Bekämpfung, hielt er den Zeitpunkt für richtig, um anderen Menschen Mut zu machen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ihm das in dieser Form gelingen wird, denn meiner Meinung nach büßt dieses Buch einen Großteil an Persönlichkeit ein. Um zeitgleich als Ratgeber fungieren zu können, hätte die Biografie viel mehr auf die Problematik und deren Bewältigung eingehen müssen. Hier wurde jedoch leider nur an der Oberfläche gekratzt. Eine Biografie, mit diesen Ansprüchen und an der Hannawald selbst maßgeblich beteiligt ist, setzt die Bereitschaft voraus, private und damit auch sehr intime Dinge, aus seinem Leben preiszugeben – quasi sein Innerstes nach außen zu kehren. Ich hatte jedoch beim Lesen ganz oft das Gefühl, dass Sven Hannawald einfach (noch) nicht bereit war, über seine Gefühle zu reden. Ein Großteil des Buches nimmt der Verlauf seiner Karriere ein. Es ist viel über das Skispringen an sich beschrieben: Trainingsabläufe, Sprungdokumentationen, die physikalischen Feinheiten beim Skispringen, die Entwicklung eines Sprungstils, der richtige Winkel usw.
All das sind für mich Dinge, die eher in ein Sachbuch direkt über das Skispringen gehören, als in eine Biografie.

Über den Menschen Sven Hannawald habe ich mehr in den kurzen Abschnitten erfahren, in denen Freunde, Trainer, Angehörige oder die Psychotherapeutin zu Wort kamen, als von den Autoren selber. Die für eine Biografie wirklich wichtigen Informationen werden leider nur kurz angeschnitten und wirken zum Ende hin sehr geballt - eher wie ein Zeitraffer. Während Sven Hannawald auf einer Seite noch mit seinem jungen Hund Achilles im Jahr 2005 abgebildet ist, von dem er selber sagt, dass dieser wieder Verantwortung und Freude in sein Leben gebracht hat, ist knapp 20 Seiten weiter ein Foto von ihm und seiner Lebenspartnerin Alena Gerber, zusammen mit deren Hund Dexter zu sehen. Kein Wort darüber, was aus Achilles geworden ist. Und auch Alena scheint ebenso aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Zwar wird noch darüber berichtet, dass Hannawald mit seiner damaligen Freundin Suska Schluss gemacht, während er in Therapie war, aber alles, was dazwischen geschehen ist, scheint ein Tabuthema zu sein. Am Ende der Biografie wird dem Leser noch ein Sohn präsentiert, von dem vorher nicht ein Wort erwähnt wurde. Ist dieser Teil seines Lebens so unwichtig, dass er nur am Schluss des Buches eher nebensächlich erwähnt wird?

Abschließend kann ich nur sagen: Wer Interesse an detaillierten Ausführungen zum Thema Skisport hat, ist mit diesem Buch bestens bedient. Wer jedoch mehr über den Menschen Sven Hannawald erfahren möchte, wird hier wohl eher enttäuscht sein. Mir fällt die Bewertung der Biografie sehr schwer, weil sie, wie bereits oben erwähnt, sehr hochwertig ist und viele interessante Fotos enthält. Auch habe mich beim Lesen ganz gut unterhalten gefühlt - aber die Anforderungen einer guten Biografie erfüllt dieses Buch leider nicht. Aus diesem Grund gibt es von mir drei Sterne.

:***:

Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.

Ernst Reinhold Hauschka

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