Efinger, Marianne - Gottes leere Hand

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17 Juli 2010 22:46 #1 von goat
Autor: Efinger, Marianne
Titel: Gottes leere Hand
Originaltitel: -
Verlag: Bookspot
Erschienen: 28. Juni 2010
ISBN-10: 3937357408
ISBN-13: 978-3937357409
Seiten: 378
Einband: Gebunden
Serie: -

Autorenportrait:

Marianne Efinger wurde 1958 im süddeutschen Raum geboren. Nach einigen Semestern Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Philosophie an der Universität Stuttgart war sie zunächst in der Marketingabteilung eines philosophischen Verlags tätig, dann im Landesverband einer Umweltschutzorganisation. Nach einem Unfall machte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester. Die in diesem Beruf gemachten Erfahrungen wurden in „Gottes leere Hand“ literarisch verarbeitet. Seit 2003 lebt Marianne Efinger mit ihrem Mann in der Bretagne.

Quelle: Amazon

Inhaltsangabe:

Der Wissenschaftsjournalist Manuel Jäger wurde mit Glasknochen geboren und landet zum x-ten Mal in seinem Leben dort, wo er nicht sein will: im Krankenhaus. Dort lernt er die Krankenschwester Dagmar kennen, die ihn eigentümlich fasziniert, weil sie ihn an seine bei einem Unfall getötete große Liebe Lenora erinnert. Doch sein Aufenthalt im Marienhospital steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Als er sich eine Erkältung zuzieht, die für ihn lebensgefährlich ist, da er wegen seiner Glasknochen den Schleim nicht abhusten kann, beginnt für Manuel ein Kampf auf Leben und Tod.Nach einem akuten Anfall von Atemnot findet sich Manuel Jäger in der Notaufnahme des Marienhospitals wieder. Aufgrund seiner Glasknochen war er schon oft in Krankenhäusern und will dort nicht bleiben, doch sein bester Freund Lothar besteht darauf, dass er sich gründlich untersuchen lässt. Von Anfang an läuft für Manuel alles schief: Nach dem Röntgen vergisst man ihn auf einem zugigen Flur, eine Lernschwester wendet ein Medikament falsch an und er wird in ein Dreibettzimmer mit ungehobelten Mitpatienten gepfercht. Ignorante Ärzte, überforderte Krankenschwestern und die Patienten mit ihren Nöten bestimmen den Alltag auf der Station. Einzig in der Krankenschwester Dagmar findet Manuel eine Seelenverwandte, nicht zuletzt, weil sie ihn an seine verstorbene Verlobte Lenora erinnert. Doch er kann diese Vertrautheit nicht lange genießen, da er sich bei einem Sturz den Arm bricht und deshalb kurzfristig auf die Chirurgie verlegt wird. Dadurch wird übersehen, dass er sich eine Erkältung zugezogen hat, die für ihn lebensgefährlich werden kann. Manuels Gesundheitszustand verschlechtert sich dramatisch, bis er erkennt: Ohne Hilfe der Medizin kann er nicht überleben, in einem hektischen, entseelten Krankenhausbetrieb kann er es aber auch nicht mehr. Da taucht der geheimnisvolle demenzkranke Wendelin Weihrauch auf und lehrt ihn eine wertvolle Lektion über das Leben und den Tod.

Quelle: Amazon

Meine Meinung:
Euphorie, Glück, Trauer, Resignation, Hilflosigkeit.
Marianne Efinger hat versucht, in ihrem Buch alles unterzubringen. Da gibt es Ärzte und Krankenschwestern, die den Patienten helfen wollen, aber an unserem Gesundheitssystem scheitern. Die Versuche von besonders Mutigen werden im Keim erstickt und letztendlich auch durch Mobbing versucht, zu unterbinden. Die Missstände im Krankenhaus mögen in diesem Buch vielleicht etwas übertrieben sein, weil mir persönlich noch kein Krankenhaus bekannt ist, wo die Patienten ins Badezimmer geschoben werden, weil kein Platz da ist, aber vieles von dem, was die Autorin schreibt, sieht auch hier nicht anders aus. Egal ob es nun um die fehlende Zeit geht oder die mangelnde Hygiene bei der Behandlung - Erfahrungen, die ich selber im Umkreis machen musste, wo Krankheiten von einem ins nächste Zimmer weitergegeben wurden, weil die Schwestern es mit den Hygienevorschriften nicht so genau nahmen - und das trotz Hinweisschilder an der Tür.

In dieses ganze Chaos versucht die Autorin etwas Ruhe hineinzubringen. Ruhe und den Glauben an Gott. In Form von Wendelin Weihrauch mit seinen vielen bunten Schlafanzügen ist ihr dies auch gelungen. Ein Lichtblick in dieser trostlosen Umgebung, der sagen soll, dass die Menschen beim Sterben nicht ganz allein sind. Und dann ist da noch die Schwester, die liebevoll das Fenster öffnet, damit die Seele des Toten hinausfliegen kann.

Marianne Efingers Roman rüttelt auf und regt zum Nachdenken an. Der Schluss soll den Leser wohl etwas versöhnen, mit Schwestern, die sich gegen diese Arbeitsweise auflehnen, jedoch keine andere Möglichkeit haben, als zu kündigen.
Aber machen wir uns nichts vor: Die nächsten Schwestern werden kommen und ändern wird sich an den Zuständen in den Krankenhäusern leider nichts.

:****:

Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.

Ernst Reinhold Hauschka

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02 Aug. 2010 07:36 #2 von Ikopiko
Meine Meinung:

Eine Woche Krankenhausalltag auf 377 Seiten. Klingt langweilig, ist es aber nicht.
Manuel hat die Glasknochenkrankheit. Er wird in eine Klinik eingeliefert. Wieder mal. Und wieder mal gegen seinen Willen. Er will nicht mehr an die Maschinen. Vor allem das Beatmungsgerät quält ihn. Doch in der Klinik findet er einen Weg um Abschied zu nehmen. Abschied von seinem Leben als Glasknochenmann. Er hat sein Leben geliebt, trotz des Mitleids oder des Spotts vieler Mitmenschen. Aber nun ist es Zeit für ihn, zu gehen.
In der Klinik gelangt er auf die Gastroenterologie, in der Dagmar als Schwester arbeitet. Dagmar ist krank, trotzdem schleppt sie sich zur Arbeit. Wer soll sich sonst um die Patienten kümmern? Das Pflegepersonal ist schon mehr als überlastet. Dagmar wünscht sich mehr Zeit um sich so um die Patienten kümmern zu können, wie es ihnen gebührt. Sie hastet über die Flure und versucht sich so gut es geht zu kümmern. Und das schlechte Gewissen hastet ihr nach.
Christian ist PJler und geprägt von dem Wunsch, der Menschheit zu helfen. Diese Hoffnung stirbt bereits nach wenigen Tagen „Echteinsatz“. Christian fügt sich in die eigenen Regeln der Klinik ein.
Neben diesen Hauptpersonen wird das Leben anderer Patienten und Beschäftigten erzählt. Gefallen hat mir dabei, dass an vielen Stellen das „Leben nach dem Krankenhaus“ weitererzählt wird. Auch wenn dies meist kein schönes Leben ist.
Ein bisschen gestört hat mich, dass meiner Meinung nach versucht wurde, auch wirklich alle kritischen Punkte unterzubringen. Da ist die Aidskranke und die Verletzung eines Patienten mit einer gebrauchten Spritze. Da ist der alte Mann, der gegen seinen Willen in ein Pflegeheim eingeliefert wird. Natürlich fehlt Mobbing nicht, sowie Fehler durch Überarbeitung. Die Ärzte verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit Arbeitskreisen zur Verbesserung der finanziellen Situation in der Klinik anstatt sich mit den Patienten zu beschäftigen. Eine Umfrageaktion wird gefälscht und ergibt für die Klinik ein super Ergebnis… Es gibt eine Reihe weiterer negativer Punkte, die aufgeführt werden.
Ich habe solche Krankenhäuser nicht kennengelernt und fand es daher übertrieben. Aber vielleicht habe ich auch nicht hinter die Kulissen gucken können.
Mich hat dieses Buch zum Nachdenken angeregt. Und auch ein paar Tränchen sind geflossen.

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