Brodie, Laura - Stimmen in der Nacht

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10 Juni 2012 13:26 #1 von goat
Autor: Brodie, Laura
Titel: Stimmen in der Nacht
Originaltitel: All The Truth
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
Erschienen: 1. Juni 2012
ISBN-13: 978-3423249126
Seiten: 336
Einband: Taschenbuch
Serie: -
Preis: 14,90 €

Autorenportrait:

Laura Brodie studierte Englisch in Harvard und lebt heute mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern in Lexington, Virginia. Sie ist Professorin für Englisch an der Washington and Lee University. ›Ich weiß, du bist hier‹ (dtv 24785 und dtv 21313), ihr erster Roman, wurde mit dem Faulkner Society Grant for Best Novel-in-Progress ausgezeichnet und war in Deutschland ein Bestseller.

Quelle: Klappentext

Inhaltsangabe:

Eine harmlose Studentenparty in einer kleinen amerikanischen Universitätsstadt endet mit einem Ausbruch von Gewalt im Haus der Dozentin Emma. Ihre kleine Tochter Maggie hat alles mit angesehen.

Zehn Jahre später kommen die Erlebnisse von damals wieder hoch: Maggie, inzwischen fünfzehn, wird von alten Albträumen gequält, hat Probleme in der Schule, schwänzt den Unterricht. Sie selbst weiß nur, dass ihr ihre neue Mathelehrerin, die ihr nie ins Gesicht sieht, unheimlich ist. Warum löst Grace, die Lehrerin, die altbekannten Ängste in Maggie aus, die längst überwunden schienen? Und was ist vor zehn Jahren wirklich geschehen?

Quelle: Klappentext

Meine Meinung:

Die junge Emma lebt mit ihrem Mann und ihrer fünfjährigen Tochter Maggie in einem schmucken Haus, sehr idyllisch gelegen, am Waldrand. Jedes Frühjahr lädt sie die älteren Studenten mit Hauptfach englischer Literatur zum Abschluss des Studienjahres zu einem Picknick ein. Als sie eines abends um Viertel vor elf Uhr jedoch laute Stimmen und Gelächter direkt vor ihrem Haus vernimmt, ist es mit der ruhigen Idylle vorbei und sie ärgert sich fast ein wenig, den Studenten regelmäßig so vertrauensvoll den Einblick in ihr Privatleben zu gewähren – zumal so an Schlaf für ihre Tochter nicht zu denken ist.

Etwas genervt macht sich Emma auf den Weg nach draußen, um die ungebetenen Besucher zu vertreiben. Emma erkennt in ihnen drei ehemalige Studenten ihres Seminars zur britischen Literatur. Die schon etwas angeheiterten beiden Jungen versprechen, sofort wieder aufzubrechen, doch das Mädchen, welches noch einen recht nüchternen Eindruck macht, fragt Emma, ob sie ihre Toilette benutzen dürfe. Da sich Emmas Mann Rob noch bei seiner Mutter auf Besuch befindet, gestattet sie dies nur widerwillig mit einem sehr mulmigen Gefühl.

Das ungute Gefühl bestätigt sich auch recht schnell, als das Mädchen in Begleitung des einen Studenten das Haus verlässt und Emma feststellen muss, dass dieser ein paar Dinge aus dem Zimmer ihrer Tochter gestohlen hat. Als sie ihn zur Rede stellt, nennt dieser sie eine verrückte Schlampe. Vor lauter Wut macht Emma die unbedachte Äußerung: „Sie fetter, mieser kleiner Dieb! Ich melde Sie dem Ehrenkomitee! Ihren College-Abschluss können sie vergessen!“

Die Situation eskaliert und endet in einer tödlichen Tragödie, die die kleine Maggie mit ansehen muss …

Nicht nur die spannende Leseprobe, sondern auch das sehr schöne und passende Cover hat mich überzeugt, das Buch zu lesen. Das Gesicht eines jungen Mädchens, welches auf einem Teppich von Kleeblättern liegt, stellt schon einen Bezug zur Geschichte her – genau wie der Titel „Stimmen der Nacht“.

Nach einem kurzen erklärenden Prolog erfährt der Leser, dass Maggie neuneinhalb Jahre nach der Bluttat plötzlich wieder an Albträumen leidet und sich aus diesem Grund in psychiatrischer Behandlung befindet. Über die Mordnacht hat sie allerdings seit damals kein einziges Wort verloren. Bereits kurz nach dem Mord, hüllte sich das kleine Mädchen in Schweigen. Nun scheint der Auslöser Maggies Mathelehrerin zu sein und auch die spürt, dass das junge Mädchen, welches ohne ihre Mutter aufwachsen musste, ein leichtes Unbehagen in ihr weckt …

Es handelt sich bei „Stimmen in der Nacht“ keineswegs um einen Thriller, wie man (oder auch ich) irrtümlich annehmen könnte. Der flüssige Schreibstil der Autorin ist zwar sehr spannend, aber dennoch wird die Geschichte sehr ruhig erzählt und an manchen Stellen verliert sich Laura Brodie etwas in ihren doch sehr ausführlichen Schilderungen. So schreibt sie zum Beispiel seitenweise über Carver Petty, dem von der Schule engagierten Polizisten, der für Recht und Ordnung sorgt und Maggie beim Schwänzen ihres Mathekurses und auch dem unerlaubten Entfernen vom Schulgelände beobachtet. Eigentlich ist dieser als Figur für die Geschichte völlig unerheblich und trotzdem widmet ihm die Autorin zwei lange Kapitel.

Die Geschichte nimmt irgendwann eine sehr abrupte, wenn auch für mich nicht vollkommen überraschende Wendung. Ich denke, dass viele mit dem Ausgang der Geschichte nicht gerechnet haben und das ist natürlich ein sehr gelungener Schachzug der Autorin. Mehr werde ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten.

Hauptaugenmerk dieses Romans liegt definitiv auf der Psyche der einzelnen Charaktere und bietet somit jede Menge Stoff zum Nachdenken und Möglichkeiten, sich in die Figuren hineinzuversetzen, um sich dann zu fragen, wie man selber reagiert hätte oder wie es einem in so einer Situation gehen würde.

Wer nicht mit der Erwartungshaltung an einen reißerischen Thriller an diesen Roman herangeht, der wird mit einem spannenden Drama belohnt, welches sich auf jeden Fall zu lesen lohnt. Von mir gibt es deshalb vier Sterne.


:****:

Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig.

Ernst Reinhold Hauschka

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